Herausforderungen und Chancen von Vaterschaft heute

Vater sein, Vater werden

Die meisten Männer die heute Vater werden, wollen ihren Kindern nahe sein und ihren Teil in der Carearbeit übernehmen. Gleichzeitig tragen sie meist weiterhin die Hauptverantwortung für das Familieneinkommen.

Wie bringt man(n) das unter einen Hut?

Vielen Vätern fehlt das passende Rollenmodell. Denn wir stecken mitten im gesellschaftlichen Umbruch. In der Generation unserer Vorväter war die Aufgabenteilung zwischen den Geschlechtern noch viel ausgeprägter. Diese Gleichzeitigkeit von einem alten und einem neuen Rollenbild ist eine grosse Herausforderung. Die Väter begeben sich gezwungenermassen in ein Spannungsfeld. Darum ist es enorm wichtig sich früh die Frage zu stellen:

Was für ein Vater möchte ich sein?

  • Reicht es mir abends und am Wochenende eine tolle Zeit mit meinem Kind zu haben?
  • Möchte ich meinem Kind beim Aufwachsen zusehen?
  • Übernehme ich die Hälfte der Hausarbeit?
  • Ist mir die Beziehung zu meinem Kind wichtiger als meine Karriere?
  • Will ich wissen welche Schuhgrösse mein Kind gerade hat?
  • Soll das Kind auch zu mir kommen, wenn es traurig ist?

Viele Fragen, auf die es meist keine einfache Antwort gibt. Denn Vaterschaft ist nicht statisch, sondern ein Prozess.

Was (werdende) Väter wissen müssen.

Gut genug reicht

Du muss kein Superheld sein, um ein guter Vater zu sein. Väterliche Präsenz heisst erstens: Zeit in die Betreuung und die Beziehung zu deinem Kind investieren. Und zweitens: spürbar, berührbar und auch innerlich verfügbar sein. Deine Beteiligung macht einen Unterschied.

Vaterschaft verläuft in Phasen. Was dein Kind von dir braucht, hängt von dessen Alter ab. Du wirst mit ihm zusammen herausfinden, was es gerade braucht. Hab Vertrauen in den Prozess. Wenn du offen und bereit bist, immer wieder Neues zu lernen, gelingt es dir leichter in Verbindung zu bleiben.

Väter können alles gleich gut Lernern

... bis aufs Stillen natürlich.
Im Buch «Mythos Mutterinstinkt» wird Elternwerden und das Fürsorgeverhalten mit dem Trainieren eines Muskels verglichen. Weil dieser Muskel bei der gebärenden Person durch Schwangerschaft und Geburt bereits ein Warm-up erhält, findet sie schneller ins Training.
Väter müssen sich bewusst entscheiden mit dem Trainieren dieses “Muskels“ zu beginnen. Dafür müssen sie nicht ins Fitness gehen. Sie sollten einfach viel Zeit mit dem Baby verbringen. Vorsingen, streicheln, kuscheln, herumtragen.
Ob biologische Eltern, Adoptiveltern oder Regenbogenfamilien. Elternschaft ist ein Lernen, auf das wir uns einlassen müssen.

Vaterschaft als Chance

Wenn du ein (werdender) Vater bist und bis hier gelesen hast, fühlst du dich vielleicht erschlagen ab all den Ansprüchen an Dich? Oder herausgefordert?
Für Männer kann Elternschaft besonders herausfordern sein. Aufgrund unserer Sozialisation haben wir gelernt, Distanz zu unseren Gefühlen zu haben und ja nicht “schwach“ zu wirken. Vaterschaft ist auch eine Chance, diese Distanz abzubauen und so dem Kind, aber auch sich selbst näher zu kommen.
Keine Generation von Vätern vor uns, hatte die Möglichkeit, sich so intensiv mit sich selbst und mit der Rolle als Vater auseinander zu setzten. Und sich ihr eigenes Bild zu schaffen.

Ein glücklicher Vater findet das Gleichgewicht

Dieser Satz hört sich ein bisschen an wie die bekannte Aussage aus Star Wars: “die Macht ist ein Energiefeld, ein Gleichgewicht, das die Galaxie zusammenhält…“. Was gemeint ist: Ein glücklicher Vater findet das Gleichgewicht zwischen Vaterschaft, Beruf, Familie, Partnerschaft und Eigenzeit (Zeit für sich, für Freundschaften, Hobbies etc.). Er kann entscheiden, wann er welchen Ansprüchen gerecht werden will. Er hat sich mit der Frage, was für ein Vater er sein will auseinandergesetzt und seine Antwort mit dem anderen Elternteil abgestimmt. Er hat die Kompetenzen, um mindestens 24h Stunden auch alleine für das Kind zu sorgen. Er ist dem Baby ein verlässliches Gegenüber und kann sich in seine Bedürfnisse einfühlen.

Diese Beschreibung ist die Essenz aus 30 Jahren Väterarbeit. Also quasi die Entsprechung zu «ich bin alle Jedi», Reys Satz im letzten Kampf von Star Wars.

Fazit

Mental Load

Mit der Familiengründung kommen neue Aufgaben auf die Eltern zu. Der Mental Load ist der dazugehörende Begriff, der in aller Munde ist. Oft übernimmt die Mutter den grössten Teil. Dies jedoch nicht bewusst oder willentlich. Es ist die Last der Verantwortung und gehört zur Care-Arbeit. Und es ist der Teil, der am wenigsten gesehen wird.
Um eine gleichberechtigte Aufteilung zu gewährleisten, sollen beide Elternteile ihren Anteil übernehmen. Wie diese Anteile aussehe steht nicht geschrieben. Wichtig ist, dass sie bewusst ausgehandelt sind. Ein gutes Hilfsmittel findest du hier.

Tipps

  • Frage dich, wie soll sich dein Kind später an dich erinnern?
  • Unterhalte dich mit einem eigenen Vater darüber, wars er heute anders machen würde.
  • Hör auf dich und trag Sorge zu dir. Einer von 10 Vätern entwickelt nach der Geburt eine Depression.
  • Löse dich von Bildern der «perfekten Familie». Lass befreiende Einsichten zu. An Grenzen zu stossen ist völlig normal.
  • Die Geburt des Kindes und damit auch die Geburt des Vaters ist eine vulnerable Phase. Ihr werdet zum ersten Mal Eltern und kommt zwangsläufig an eure Grenzen und in eine Überforderung. Holt euch Hilfe, nehmt Unterstützung an.
  • Vaterschaft verändert, was dir wichtig ist. Erlaube dir, als Mann und Mensch zu reifen.
  • Geh auf die Plattform niudad.ch. Hier können sich werdende und frischgebackene Väter über die kommenden Herausforderungen informieren.
  • Schau dir Filmreihe “Geburt eines Vaters“ an. Die Reihe zeigt ungeschminkt, was werdende und frischgebackene Väter rund um die Geburt wirklich bewegt.
  • Vaterschaft ist vielfältig. Finde den Weg, der für dich und deine Familie passt und entscheide dich aktiv für ihn, statt dich passiv treiben zu lassen.

Niudad – Fachstelle für Väterbildung

Die Fachstelle Niudad unterstützt Väter und ihr Umfeld mit Wissen, Orientierung und Austausch. Und sie steht auch Fachpersonen beratend zur Seite.

Die Niudad-Väterrunden in Geburtsvorbereitungskursen und Vatercrashkursen bieten die Möglichkeit sich mit anderen werdenden Vätern auszutauschen und Fragen oder Sorgen mit den Kursleitern zu besprechen.

Das VäterRetreat bietet Vätern die Möglichkeit sich vor Ort mit anderen Vätern auszutauschen und sich Gedanken zu machen über ihre Rollen als Vater, Partner und Mann. Auf der Plattform www.vaterwelten.ch gibt es die Möglichkeit sich monatlich in einem virtuellen Austausch mit anderen Vätern zu treffen. Sie können sich auch untereinander vernetzen, um mit einem Vater aus demselben Quartier oder Dorf ein Treffen mit den Kindern auf dem Spielplatz zu planen.

 

Zum Autor dieses Beitrages:
Ueli Kunz ist selbst Vater von drei Kinder und Leiter von Niudad – Fachstelle Vaterbindung. Als Vater kommt er selbst immer wieder an seine Grenzen. Es gibt nichts, was ihm so den Spiegel vorhält wie seine Kinder. Es gibt für ihn aber auch nichts positiveres als schöne gemeinsame Alltagsmomente mit der Familie.

 

Referenzen
BFS – Erhebung zu Familien und Generationen (EFG) 2021
https://niudad.ch/die-fuenf-groessten-sorgenkinder/
https://www.maenner.ch/wp-content/uploads/2024/12/011-06_NIU_Flyer_DE_Web.pdf
Mythos Mutterinstinkt, Annika Rösler, Evelyn Höllrigl Tschaikner

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